Die Flutkatasprophe im Ahrtal - was war, ist und sein könnte

Veröffentlicht am 30.07.2023 in Aktuell
 

Foto: Susanne Müller

- Eine persönliche Einschätzung von Susanne Müller, MdL -

Als die Flut vor ca. 2 Jahren ins Ahrtal kam, hatte kaumeiner der Ahr-Anwohner:Innen gedacht, wie viel Unglückdieser Fluss mit ins Tal bringen könnte. Ich war damalseine von 40.000 Flutbetroffenen und hatte Glück imUnglück, denn wir haben keine Familienangehörige oderFreunde verloren. Dennoch ist klar, dass die Geschichtenum den Verlust und die Trauer und die Geschichten umdiese schicksalhafte Nacht und die darauf folgendenTage noch eine lange Zeit in den Erinnerungen desAhrtals bleiben.

Die Situation an der Ahr – zwei Jahre nach der Flut- Katastrophe ist sehr heterogen. Während die erstenBetroffenen nach einer großen Kraftanstrengung ihre Häuser mit der Unterstützung vieler Helferinnenund Helfer sowie der staatlichen Leistungen inzwischen wieder beziehen konnten, so warten mancheMenschen noch immer auf Gutachten, Baugenehmigungen und folglich auf finanzielle Unterstützung. Esgibt einige wenige Menschen, die weggezogen sind und ihre Immobilien einfach verlassen haben undnicht mehr erreichbar sind. Dennoch gibt es daneben viele große und kleine Lichtblicke.
Lokal entstehen vor Ort gerade Nahwärmenetze, Gas-Leitungen wurden in Rekordzeit wieder hergestelltoder verlegt, Gemeinden werden vollständig auf Glasfaser umgerüstet und zentrale Brücken oderQuerungen wurden erneuert. Ein Gewässer-Wiederherstellungskonzept wurde für die Ahr und ihreZuflüsse angefertigt, um für zukünftige Hochwasserereignisse und für Zeiten mit Niedrigwasser gerüstetzu sein. Eine neue Bio-Gas-Trasse entsteht, die mittels einer etwa 35 km langen Leitung große Teile desAhrtals mit CO-2-neutralem Biogas versorgen könnte, um eine klimaneutrale Wärme- undStromerzeugung möglich zu machen und diese Liste könnte noch gut weitergeführt werden.

Als lokale Abgeordnete bin ich eigentlich fast jedeWoche vor Ort, führe Gespräche, vermittle, unterstütze,oder gebe Informationen weiter und hake in Mainznach. Dabei wünsche ich mir oft, dass mancheEinblicke die ich habe, auch andere sehen.
Denn es ist leider so, dass sich eher die schlechtenGeschichten weiter erzählen und nicht die gutenErlebnisse und Prozesse. Viele der sozialen Medien undmanche Protagonisten verzerren das Bild und tragennicht dazu bei, ein realistisches Bild von den vielenaufbauwilligen Bewohner:Innen zu zeichnen, die jedenTag alles daran setzen, ihre Heimat wiederherzustellenund das Tal wieder aufzubauen.

So war ich letzte Woche bei einer Immobilienbesitzerin, die tatsächlich innerhalb einer Woche das Geldvon der ISB zum privaten Wiederaufbau, zu einer Erweiterung des Kellers und einerhochwasserangepassten Bauweise erhielt. Solche Geschichten gibt es auch.
Dennoch gibt es vor Ort Ernüchterung, weil manche Prozesse – vonaußen betrachtet - länger dauern und auch oft mit Bürokratieverbunden sind. Das ist nachvollziehbar.
Und dennoch gilt es mit denMitteln des Wiederaufbaufonds sorgsam umzugehen, bevor es amEnde zu Rückforderungen kommt, wenn es sich herausstellt, dassGelder unrechtmäßig ausgegeben worden sind.
Die Verwaltungsvorschrift, die im Sommer 2021 noch unter derHandschrift der alten Bundesregierung entstanden ist, erweist sich fürden kommunalen Wiederaufbau teilweise als Hindernis, da diese sehrkonservativ gestrickt worden ist. Auch wenn hochwasserangepasstesWiederaufbauen gefördert wird, benötigt man dennoch oft nochandere Fördertöpfe, um das Plus an Resilienz und Nachhaltigkeit zuerreichen. Die Landesregierung hat dazu sogenannte „Scoping-Termine“ eingeführt, ein Instrument, um alle Beteiligten an einen Tischzu holen und zu prüfen, was aus welchen Fördertöpfen finanziertwerden kann.
Viele Menschen vor Ort wünschen sich einen „Sonderfinanztopf“ für die Ahr. Dies ist schlichtweg nichtmöglich, da man gegenüber dem Bund Rechenschaftspflichten hat und andere Bundesländer sehrkritisch schauen, wie man damit umgeht, dass in RLP 15 Milliarden Euro bereit stehen, um vorhandeneSchäden zu beheben.
Nach 2 Jahren ist deutlich, dass die Flut vor allem auf der psycho-sozialen Ebenen große Einschnitte mitsich gebracht. 136 Menschen starben und die Geschichten über die Flut-Nacht und die folgenden Tageund Woche sind im Gedächtnis der Bewohner:innen der Region verankert. Ein psychosoziales Netzwerkwurde vor Ort etabliert, zahlreiche Kliniken unterstützen dieses Netzwerk, dennoch ist der Bedarf vor Ortgroß.
Der rheinland-pfälzische Landtag hat zwei Ausschüsse, die sich mit den Folgen der Flutkatastrophe undder Untersuchung der Ereignisse sowie mit der Prävention befassen: Der Untersuchungsausschuss unddie Enquete-Kommission. Erste Änderungen des Brand- und Katstrophenschutzes wurden schonangekündigt und vollzogen, der vollständige Bericht der Enquete wird vermutlich im Herbst 2023vorliegen.
Wenn man die Menschen im Ahrtal anspricht, dann zeigt sich oft ein Bild der Ernüchterung und derMüdigkeit. Denn es gibt viele Menschen die privat und beruflich mit dem Wiederaufbau konfrontiertsind. Dies ist eine große Herausforderung und auf dem Weg des Wiederaufbaus zeigt sich, dass das wasfrüher in Jahrzehnten aufgebaut wurde, nicht in 2 Jahren wiederhergestellt werden kann und dasspsychische und emotionale Wunden Zeit brauchen. Dennoch blitzt an vielen Stellen ein neuesmodernisiertes Bild des Ahrtals auf, dass Hoffnungen schürt, neue Gäste anlockt, neugierig macht undein Bild davon vermittelt, wie die Region sich vlt. schon in den nächsten Jahren neu, modern undnachhaltig präsentieren könnte.

Vor wenigen Wochen konnte in Ahrweiler ein nachhaltiges Tourismuskonzept vorgestellt werden, das diePotentiale der Region aufgezeigt und viele tolle Ideen bereithält. Inzwischen wird vor Ort auch wieder fürbevorstehende Weinfeste geworben, Freilichtbühnen spielen wieder und es sind viele neue Projekte dessozialen Zusammenhalts entstanden, die es vorher noch nicht gab. Manche UnternehmerInnenpräsentieren neue Gaststuben und Restaurants, neue Geschäftsideen und sind Motor fürWeiterentwicklung. Gerade bei den jungen Unternehmer:Innen ist die Aufbruchstimmung da, auch wennman sich vor Ort für weniger Bürokratie und flexiblere Formen der Förderung ausspricht.
Wenn man durch das Ahrtal fährt, dann sieht man große Gegensätze und eine nach wie vor wunderschöneKulturlandschaft, die zum Wandern und Verweilen einlädt. Unter dem Motto „We AHR open - Noch langenicht fertig. Aber offen und froh über deinen Besuch“ wirbt der Ahrtal-Tourismus und lädt dazu ein, denWeg ins Ahrtal zu finden. Wenn man dann ins Ahrtal fährt, begegnen einem mittlerweile nicht nur dieKarawanen von Baufahrzeugen oder Baustoff-LKWs sondern viele Urlauber mit fremden Kennzeichen,Campern und Radfahrer. Aber es können ruhig noch mehr werden J.
We AHR open – und die Ahr freut sich auf den Besuch und lädt zum Verweilen ein! Noch immer fehlen in dersehr touristisch geprägten Region die Urlauber und Übernachtungsgäste. Von den eine Million Besuchernpro Jahr ist die Ahr-Region leider noch weit entfernt. Besucher:Innen brauchen sich auch keine Sorgen zumachen, „Katastrophen-Tourist“ zu sein, sie sind eher Zeuge eines sich transformierenden Ahrtals, dasssich gerade neu erfindet und dennoch seine Wurzeln behält.
Ich kann jeden nur herzlich einladen vorbeizukommen, um sich selbst ein Bild zu machen, und gern eingutes Glas Grauburgunder oder Spätburgunder zu trinken (oder ein Wasser) oder auf demRotweinwanderweg die Landschaft zu genießen und neuen Menschen zu begegnen, die sich auf den Wegmachen. So wie wir im Ahrtal.
Herzliche Grüße,
Eure Susanne Müller

 

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